Guillain-Barré-Syndrom

Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine akute entzündliche Autoimmun-Polyneuropathie des peripheren Nervensystems. Charakterisierend ist ein schnell eskalierender Verlauf. In zwei von drei Fällen geht eine infektiöse Erkrankung voraus (beispielsweise Campylobacter jejuni, Zytomegalievirus, Epstein-Barr-Virus, Mycoplasma pneumoniae). Die Inzidenz liegt bei 1-2 Neuerkrankungen je 100.000 Personen.[1] Erwachsene sind häufiger betroffen als Kinder. Die Krankheit ist die häufigste Ursache akuter Paralyse in Europa und Nordamerika.[2] Während die Letalität früher bei über 10 Prozent lag, beträgt sie heute ungefähr 3 Prozent.

Klinik & Diagnostik

Initiale Symptome sind periphere sensible Reizerscheinungen in Form von Parästhesien oder Schmerzen. Zusätzlich treten schnell fortschreitende motorische Ausfälle von distal nach proximal auf. Die meist symmetrisch verteilten Paresen in Beinen und Armen können sich bis zur schlaffen Tetraparese entwickeln. Symptomatisch ist zudem ein Erlöschen der Muskelreflexe. Ungefähr jeder vierte Patient muss künstlich beatmet werden, da Zwerchfell und Atemmuskulatur betroffen sind.[3] Wichtig ist die Lumbalpunktion, die typisch eine zytalbuminäre Dissoziation zeigt, also eine deutliche Eiweißerhöhung ohne Anstieg der Zellzahl im Liquor. Allerdings zeigen sich diese Befunde oft erst einige Tage nach dem Beginn der klinischen Symptome. Eine primäre Abheilung findet meist nach ungefähr drei Monaten statt, oft bleiben jedoch Residualsymptome erhalten. Die Rezidivhäufigkeit liegt bei 1-2 Prozent. Ein Übergang in die Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) ist möglich.

Therapie

Durch die symptomatische Therapie sollen Vitalfunktionen erhalten und Spätfolgen vermieden werden. Je nach Schweregrad und Verlauf sind die Beatmung, die Intubation, die Herz-Kreislaufstabilisierung und Krankengymnastik mögliche Maßnahmen. Die Immuntherapie als zweite Therapiesäule erfolgt durch Plasmapherese oder intravenöse Immunglobuline (IVIG). Eine Monotherapie mit Kortikosteroiden ist wirkungslos. Während Plasmapherese und IVIG hinsichtlich der klinischen Wirksamkeit gleichwertig sind, wird die Behandlung mit IVIG in der Regel bevorzugt, da sie unkomplizierter und weniger invasiv ist.[4] Nach neueren Studien kann die ergänzende Gabe von Steroiden das Ergebnis weiter verbessern.[5]

Vergleich Plasmapherese und intravenöse Immunglobuline:

Plasmapherese intravenöse Immunglobuline
Wirkungseintritt nach Stunden bis wenigen Tagen Wirkungseintritt etwas verzögert (1-5 Tage, teilweise länger)
hoher technischer Aufwand Mit geringem Aufwand durchführbar
Wirkung in Studien gut belegt Wirkung in Studien gut belegt, gleichwertig der Plasmapherese [6]

Die empfohlene Dosierung des intravenösen Immunglobulins Privigen® beträgt täglich 0,4 g/kg KG über einen Zeitraum von 5 Tagen. Bei Rezidiven oder unzureichender Wirkung wird die Primärtherapie wiederholt.

Referenzen

1 Shahrizaila N, Yuki N. The role of immunotherapy in Guillain-Barré syndrome: understanding the mechanism of action. Expert Opin.Pharmacother. 2011;12(10):1551-1560.

2 Hughes RA. Epidemiology of peripheral neuropathy.CurrOpinNeurol 1995;8(5):335-338.

3 Van Doorn PA, Kuitwaard K, Walgaard C et al. IVIG Treatment and Prognosis in Guillain-Barré Syndrome. J ClinImmunol 2010;30 (Suppl 1):S74-S78.

4 Shahrizaila N, Yuki N. The role of immunotherapy in Guillain-Barré syndrome: understanding the mechanism of action. Expert Opin.Pharmacother. 2011;12(10):1551-1560.

5 Shahrizaila N, Yuki N. The role of immunotherapy in Guillain-Barré syndrome: understanding the mechanism of action. Expert Opin. Pharmacother. 2011;12(10):1551-1560

6 No authors listed. Randomised trial of plasma exchange, intravenous immunoglobulin, and combined treatments in Guillain-Barré syndrome. Plasma Exchange/Sandoglobulin Gullain-Barré Syndrome Trial Group. Lancet 1997;349(9047):225-30.