Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)

Die Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) ist eine seltene Erkrankung des peripheren Nervensystems. Charakteristisch ist eine meistens symmetrische motorische und sensible Dysfunktion in den Armen und Beinen. Der symptomatische Schwächezustand verläuft progredient über mehr als zwei Monate. Unbehandelt entwickelt sich die CIDP bei ungefähr 30 Prozent der Patienten bis zur Rollstuhl-Abhängigkeit. Es wird angenommen, dass die CIDP unterdiagnostiziert ist und nicht ausreichend behandelt wird.[1] Daher ist die Prävalenz schwer zu bestimmen. Schätzungen gehen bis zu 8,9 Fällen je 100.000 Personen.[2] Die Krankheit kann in jedem Lebensalter auftreten, das typische Alter der Erstmanifestation liegt zwischen 30 und 60 Jahren. 60 bis 70 Prozent der Betroffenen sind Männer. Während der Verlauf bei älteren Patienten meist chronisch progredient ist, verläuft die CIDP bei jüngeren Patienten eher schubförmig. Es sind auch Fälle bekannt, bei denen nach mehreren Jahren erfolgreicher Therapie keine weitere Medikation erforderlich war.

Klinik & Diagnostik

Den wichtigsten Beitrag zur Diagnose leisten Anamnese und klinischer Befund. Ein Verdacht auf CIDP besteht bei sensiblen und motorischen Ausfallerscheinungen und Paresen, die meistens symmetrisch von distal nach proximal verlaufen. Hauptunterscheidungsmerkmal vom akuten Guillain-Barré-Syndrom ist der progrediente Verlauf der CIDP über mindestens zwei Monate. Bei der CIDP zeigt sich per Elektroneurographie unter anderem eine verlangsamte Nervenleitungsgeschwindigkeit. Mittels Liquordiagnostik lässt sich eine unspezifische Eiweißerhöhung nachweisen.

Therapie

Die frühe Diagnose und Behandlung sind wichtig, um die Krankheitssymptome zu verringern und eine Behinderung zu vermeiden. Bei der CIDP sind Kortikosteroide, intravenöse Immunglobuline (IVIG) oder in der Akutphase die Plasmapherese Mittel der Wahl. Letztere sollte durchgeführt werden, wenn IVIG und Kortikosteroide nicht wirksam sind. Die größte bisher publizierte Behandlungs-Studie bei der CIDP hat gezeigt, dass IVIG nicht nur kurzzeitig, sondern auch über einen längeren Zeitraum bei der CIDP gut wirksam und verträglich ist.3 Aktuell wird in einer Studie die subkutane Immunglobulin-Therapie mit hoher Applikations-Frequenz mit Hizentra® bei Patienten mit CIDP untersucht.

Das intravenöse Immunglobulin Privigen® ist bei der CIDP zur Initialtherapie und zur Dauertherapie zugelassen. Die Dosierung beträgt initial 2g/kg KG, verteilt auf 2-5 aufeinander folgende Tage. Anschließend folgt alle 3 Wochen eine Erhaltungsdosis von 1g/kg KG über 1-2 Tage. Eine Behandlungsdauer über 24 Wochen liegt im Ermessen des Arztes und sollte auf dem Ansprechen des Patienten basieren. Die Dosierung und Intervalle sind möglicherweise dem individuellen Krankheitsverlauf entsprechend anzupassen.

In einer prospektiven einarmigen Studie erhielten insgesamt 28 sowohl mit IVIG vorbehandelte (n=13) als auch nicht mit IVIG vorbehandelte (n=15) Patienten mit CIDP das intravenöse Immunglobulin Privigen®. Die Behandlung mit Privigen® führte zu einer klinisch relevanten und statistisch signifikanten Verbesserung der Erkrankung, gemessen am INCAT-Score (Inflammatory Neuropathy Cause and Treatment). Primärer Endpunkt der Studie war die Responder-Rate basierend auf dem INCAT-Score, die für alle Patienten zusammen 61 Prozent betrug. 50 Prozent der Responder sprachen innerhalb der ersten vier Wochen auf die Behandlung an. Unter Therapie mit Privigen® zeigte sich außerdem eine Verbesserung der Griffstärke und der motorischen Funktion. Wie aus anderen Studien zu intravenösen Immunglobulinen bekannt, waren Kopfschmerzen die am häufigsten beobachteten unerwünschten Ereignisse in der Studie.

Referenzen

1 Stangel M, Kieseier BC. Neue Entwicklungen bei CIDP und MMN. AktNeurol 2011;38:284-291.

2 Hughes R, Chronic Inflammatory Demyelinating Polyradiculoneuropathy. J Clin Immunol (2010) 30 (Suppl 1):S70–S73.

3 Hughes et al. Intravenous immune globulin (10% caprylate-chromatography purified) fort he treatment of chronic inflammatory demyelinating polyradiculoneuropathy (ICE study): a randomised placebo-controlled trial. Lancet Neurol 2008;7:136-44.